Yukon & Alaska | Teil 1

REISEBERICHT | Tanja bereist diesen Frühling Alaska und den kanadischen Yukon mit einem Truck-Camper..

Reisebericht Nr. 1 | Mai 2019

Nach 5 Jahren Abstinenz war es wieder soweit – die Wildnis Nordamerikas hat gerufen und ich bin dem Ruf gefolgt…

Als freiwillige Reisebegleitung hat sich meine Mum anerboten und mehrmalige gemeinsame Reisen haben gezeigt, dass unser Zweiergespann unterwegs funktioniert. Also war das gebongt.

Wir konnten dann kurzerhand noch meinen Götti und seine Frau überzeugen, mitzukommen – wobei allzuviel Überzeugungsarbeit war nicht nötig – ich musste nur erzählen, dass ich für mich und meine Mum Alaska-Ferien gebucht habe und schon waren sie Feuer und Flamme und haben gemeint, wenn es auf den gleichen Daten noch Flüge und ein Fahrzeug hat, würden sie auch kommen… Wir haben dann noch festgelegt, dass wir nicht die vollen 4 Wochen zu viert unterwegs sein wollen, sondern dass jedes Duo primär seine Reiseroute fährt. Die erste Woche haben wir einige Ausflüge geplant, welche wir gemeinsam machen, danach soll jeder für sich fahren. Eventuell trifft man sich unterwegs wieder und wenn nicht, dann allerspätestens am Schluss der Reise für den letzten gemeinsamen Tag und den Rückflug. Nachdem dann auch noch meine Hündin Naira ein gutes Ferienplätzchen auf Sicher hatte, konnten wir am Dienstag, 21. Mai ins Abenteuer starten.

Der Flug von Zürich nach Frankfurt startete schon einmal 1 Std. später als geplant, was die Umsteigezeit in Frankfurt entsprechend verkürzte und wir wussten, dass wir ohne Umwege und zügig durch den Transitbereich marschieren sollten. Als dann das Flugzeug zum Stehen kam, meldete der Pilot, dass wir nicht andocken können und auf eine Treppe warten und momentan keine zur Verfügung steht. Nach einigen Minuten haben sie dann auf dem kleinen Flughafen Frankfurt doch noch eine Treppe gefunden, so dass wir aussteigen und in den Bus verladen werden konnten. Der Bus fuhr dann natürlich eine halbe Ewigkeit quer über den ganzen Flughafen, so dass der Puls langsam etwas höher schlug und die Umsteigezeit nochmals kürzer wurde. Zum Glück gab es keine grossen Sicherheitskontrollen mehr, so dass es schlussendlich mehr als gut reichte für den Weiterflug.

Der Langstreckenflug verlief dann ruhig. Etwas gemein war, dass wir in der ersten «Holzklasse-Reihe» direkt hinter der Premium Economy Class sassen – ohne dass diese beiden Klassen durch einen Vorhang getrennt waren – der Bordservice kam jeweils von vorne auf uns zu, wir konnten sehen, was es gibt, konnten uns z.B. auf ein Glace freuen, doch dann stoppte der Service unmittelbar vor uns – da es die Glace nur für die Gäste der Economy Plus gab… und der Bordservice-Wagen verschwand wieder. Tja, dann halt nicht…

Unterwegs hatten wir noch einen wunderschönen Blick auf Grönland und konnten die Schneeberge und Eisfelder bestaunen.

Nach ca. 9 Std. sind wir in Anchorage gelandet und die Zollformalitäten und das Einreiseprozedere verlief sehr zügig und problemlos. Danach gings mit dem Hotelshuttle ins Hotel, wo wir die ersten 2 Nächte zum «Anklimatisieren» gebucht hatte. Alaska erwartete uns mit schönstem Sonnenschein und angenehmen 16 Grad. Wir konnten unser erstes Znacht auf der Hotelterrasse geniessen – wir hatten also deutlich besseres Wetter als es bisher im Mai in der Schweiz war.

Nach einer ersten Nacht, in der ich von 01.30h bis 02.30h gelesen habe, wir gemeinsam um 04.30h geplaudert und um 05.00h ein Kaffee getrunken haben, sind wir dann um 06.30h Frühstücken gegangen und um 09.00h haben wir den ersten Shuttlebus nach Downtown Anchorage genommen. Wir verbrachten einen ersten gemütlichen Tag in der Stadt, gingen am Abend mit einer Bekannten, die ich von der Arbeit her kenne, essen und versuchten in der 2. Nacht, weniger Wachphasen zu haben. Dies gelang auch recht gut und wir gingen doch erst um 08.00h zum Frühstück.

Anschliessend gings zur Campervermietstation, wo wir unser Zuhause für die nächsten 24 Tage abholen konnten. Unser «Baby» heisst Juliet und ist gut im Schuss.
 

Nach der ausführlichen Einführung und Erklärung konnten wir gleich noch zum Lunch bleiben – eine Angestellte hatte Geburtstag und hat Salat und Brot mitgebracht für die gesamte Belegschaft – kurzerhand hat uns der Inhaber der Vermietfirma, ein Schweizer, den ich auch vom Büro her kenne, eingeladen, auch an diesem Lunch teilzunehmen. Also standen wir plötzlich im Aufenthaltsraum der Angestellten, welche rein- und rausspazierten und sich wohl wunderten, was da für 4 fremde Gestalten herumstanden und den offerierten Salat assen…

Nach dieser unverhofften Stärkung gings dann los – zuerst zum Supermarkt, um unser «Baby» mit dem Wichtigsten auszustatten, danach Richtung Süden auf die Kenai Halbinsel bis nach Seward. Hier hatten wir für den nächsten Tag eine sogenannte Wal- und Gletschertour gebucht, eine 6-stündige Bootstour in den Kenai Fjords Nationalpark. Das Wetter war in der Zwischenzeit richtig «schweizerisch» mit Regen und Wind. Ich hoffte, dass der Wetterbericht, den ich online nachgeschaut habe, nicht trügt – der sagte innerhalb der nächsten 7 Tage nur 1 Sonnentag voraus und zwar exakt für den Tag, an dem wir auf die Bootstour gehen sollten. Da wir alle nicht wirklich seefest sind, haben wir gehofft, dass es wettermässig ruhig wird und die Wetterfrösche hatten tatsächlich recht -  am nächsten Morgen erwartete uns ein wunderschöner Tag mit viel Sonnenschein und wenig Wind.
 

Da es auf dem Boot kalt werden kann, haben wir uns mit mehreren Schichten eingekleidet – auf dem Weg vom Camper zur Bootsanlegestelle haben wir dann die erste Schicht schon wieder ausgezogen, da es frühlingshaft warm war. Ich habe mich gefragt, ob es richtig war, Mütze und Handschuhe einzupacken, wenn ich jetzt praktisch im T-Shirt zum Boot spazieren kann. Aber abwarten…

Im Office, wo wir einchecken mussten, stand, dass das Meer im Grossen und Ganzen ruhig sei, es aber eine raue Passage auf dem offenen Meer gibt. Wenn man schnell seekrank wird, solle man am Besten vorsorgen und «Tabletten-gegen-Übelkeit» einwerfen. Das haben wir dann auch getan. Pünktlich um 11.30h hiess es Leinen los und Abfahrt – gemächlich tuckerte das Boot durch den Hafen und ich hielt das Gesicht in die Sonne. Bald einmal beschleunigte das Boot und schon bald war mir klar, dass Mütze und Handschuhe definitiv nicht falsch sind und den Kopf habe auch nicht mehr in die Sonne gestreckt, sondern eingezogen und möglichst der ärgsten Seebrise abgewandt.

 

Schon bald sahen wir die ersten Tiere – ein paar Seeotter schwammen gemütlich an uns vorbei  - diese putzigen Tiere lassen sich auf dem Rücken treiben, die Vorderpfoten (oder Tatzen, oder wie man das bei Seeotter nennt) auf dem Bauch verschränkt - voll relaxed und völlig cool – fehlt nur noch die Sonnenbrille und der Cocktail in der Hand…

Später vermeldete der Kapitän, dass wir auf Wale zusteuern – und tatsächlich, kurz darauf prustete es vor dem Boot und ein Wal holte Luft – es war ein Orca und daneben gleich noch ein zweiter. Wir sind ihnen im sicheren Abstand gefolgt und konnten immer wieder sehen, wie sie an die Oberfläche kamen zum Luft holen und dann nach 2,3 mal wieder abtauchten. Leider war ihnen nicht nach Springen zumute, aber immerhin.

 

Kurze Zeit später folgte die Passage, welche über das offene Meer führte und diese 40 Minuten hatten es in sich… sich auf dem Schiff zu bewegen, war wie auf der Achterbahn – hoch, runter, links, rechts – in alle Richtungen hat es einem geschaukelt. Am Besten war es, irgendwo draussen zu sitzen und den Horizont zu fixieren. Da wir fast erfroren sind, wollten wir uns kurz drinnen aufwärmen – aber das war der dümmste Entscheid – innert 2 Minuten waren wir wieder an Deck – lieber erfrieren als kotzen…

In dieser Phase der Schifffahrt haben wir uns gefragt, warum wir eine Tour mit Lunch gebucht haben – es war zu diesem Zeitpunkt unvorstellbar, dass wir uns ans Mittagsbuffet wagen.

Irgendwann war dann aber diese unruhige Passage vorbei und wir steuerten wieder ruhigere Gewässer an. Als dann ca. 20 Minuten später das Mittagessen bereit war, haben wir uns vorsichtig wieder ins Innere gewagt und versucht, uns hinzusetzen, immer bereit, sofort wieder an Deck zu stürmen… aber es ging – und wir konnten nun sogar etwas essen (sogar mit Nachschlag, ohne die Kotztüte griffbereit halten zu müssen). Das Essen wurde Tischweise serviert, d.h. zuerst konnten die Leute von Tisch 1 sich am Buffet bedienen, danach Tisch 2, etc. Wir sassen an Tisch 21 und kamen erst etwas später an die Reihe – das war an sich nicht schlimm, da es mehr als genug zu Essen gab, blöd war vielmehr, dass genau in dem Moment, als Tisch 21 das Essen fassen konnte, das Schiff das nächste Highlight ansteuerte, den kalbenden Gletscher! Na toll – was machst Du jetzt? Das Essen stehen und liegen lassen, rausstürmen oder in Ruhe essen und hoffen, dass es reicht, um danach noch rauszugehen und den Gletscher zu sehen? Ich entschied mich für etwas dazwischen – schnell schnell essen, dann raus und den Gletscher bestaunen – es war wirklich imposant – ca. 75 Meter türmen sich die Eismassen auf und unter donnerndem Getöse brechen Eisstücke ab und fallen ins Meer. Als sich das Schiff dann langsam wieder vom Gletscher entfernte, konnte ich nochmals ans Buffet und den Nachschlag dann in normalem Tempo essen.

 

Wir konnten im Weiteren Verlauf der Tour noch diverse weitere Gruppen von Orcas beobachten – und auch einen Buckelwal bekamen wir noch zu Gesicht sowie Papageientaucher und Seelöwen.

Es war ein toller Ausflug bei bestem Bilderbuchwetter und dank den «Anti-Kotz-Tabletten» haben wir es im Grossen und Ganzen sehr gut überstanden. Es war aber dann auch gut, wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Da die Wetteraussichten wie schon erwähnt, nur für diesen einen Tag Sonnenschein prophezeit hatten, mussten wir dann nach der Bootstour auch gleich noch die Gunst der Stunde nutzen und Grillieren.

Und der Wetterfrosch hatte leider recht – am nächsten Tag war es grau in grau und hat immer wieder geregnet. Unser nächstes Ziel war Homer, wo wir für den nächsten Tag einen Ausflug zum Bären beobachten gebucht hatten. Da wir wie schon erwähnt, nicht im Konvoi fahren wollten, verabredeten wir uns um 16.00h in Homer beim Office, wo wir uns für den Bärenausflug anmelden müssen. Da das Wetter unterwegs schlecht war, fuhren wir die Strecke durch und machten nur einen kurzen Snackstop – ich habe dann bald einmal gedacht, dass wir wohl eine ziemliche «Punktlandung» hinlegen werden und so war es dann auch – um 15.55h fuhren wir in Homer ein, um 16.05h hatten wir einen Parkplatz gefunden und um 16.15h konnten wir für den Bärenausflug einchecken. Gemäss Wetteraussichten sollte alles planmässig verlaufen, Treffpunkt am nächsten Morgen um 11.00h – ab 10.30h bekommt man ein E-Mail (sofern man online ist) oder man kann sich telefonisch über die Durchführung des Ausflugs informieren (sofern man ein Telefon in der Nähe hat). Da der Ausflug per Buschflugzeug stattfindet, ist das Ganze wetterabhängig – den Bären wäre es wohl egal, ob es regnet oder windet, aber dem Buschpiloten zum Glück nicht… aber es sah gut aus für uns.

 

Am nächsten Morgen waren wir rechtzeitig beim Treffpunkt und wir hatten Glück, der Ausflug fand statt. Wir erhielten hüfthohe Fischerstiefel, mit denen man durch das Wasser waten kann und sobald alle Teilnehmer des Ausflugs da waren, wurde uns ein Video gezeigt, wie man sich vor und während dem Flug verhalten muss und was im Notfall zu tun wäre. Das Video war fertig und wir praktisch bereit zum ins Buschflugzeug einsteigen, als wir abrupt gestoppt wurden – leider hatte sich die Wettersituation verschlechtert und das Fliegen wäre zu gefährlich, so dass der Ausflug wortwörtlich in letzter Sekunde annulliert wurde. Wir sassen im ersten Moment etwas perplex da – hatten die Fischerstiefel an, die Schwimmweste um den Bauch, das Safety-Video gesehen und waren sowas von ready for the bears…. Aber eben, es sollte nicht sein. Und ehrlich gesagt, war es uns auch lieber, gar nicht erst loszufliegen, als dann plötzlich aufgrund der Wetterfront irgendwo im Bärenland festzustecken und nicht mehr zurückfliegen zu können. Es bestand dann die Möglichkeit, den Ausflug für den nächsten Tag zu buchen – aber da wir noch einen letzten Fixpunkt gebucht haben und in 2 Tagen in einer anderen Ecke von Alaska sein müssen, war es uns zu knapp – theoretisch wäre es wohl machbar gewesen, aber wir hätten dann keine Reserve gehabt und hätten in einem Tag eine grosse Etappe fahren müssen – das war mir dann zu stressig, so dass wir schweren Herzens den Bärenausflug gestrichen haben. Wir hoffen, dass uns unterwegs der eine oder andere Bär vor die Kameralinse huscht…

Somit hielt uns nichts mehr in Homer und wir haben uns nach nur 1 Nacht wieder von diesem Ort verabschiedet und sind retour gefahren Richtung Kenai – unterwegs gab es diverse Warnschilder für Moose – ich habe zu meiner Mum gesagt «watch out for Moose» - vielleicht sehen wir einen Moose – und nur 20 Sekunden später trabte eine Moose-Kuh direkt vor unserem Camper über die Strasse…..

Mal schauen, ob dies auch funktioniert, wenn ich «watch out for Bears» sage…

Nun fahren wir via Anchorage nordwärts nach Talkeetna und von da starten wir am Mittwoch in unser nächstes Abenteuer – wir fliegen für 2 Nächte in die Caribou Lodge – einer kleinen, einfachen Lodge in the middle of nowhere, nur mit dem Wasserflugzeug erreichbar (oder für uns wahrscheinlich mit dem Helikopter, da der See, auf dem das Wasserflugi landen sollte, noch teilweise zugefroren ist). In diesen 2 Tagen werden wir sicher wieder einiges erleben – davon das nächste mal mehr….

 

Bis dann, machts gut und liebe Grüsse

Tanja & Irma