Yukon & Alaska | Teil 3

REISEBERICHT | Nach den Highlights in Alaska erreichen Tanja & Irma den kanadischen Yukon...

 

Reisebericht Nr. 3 | Juni 2019

Wie erwähnt, sind wir via Tok in Richtung Top of the World Highway gefahren. Mein Ziel dieser Reise war unter anderem, den Top of the World Highway einmal bei schönem Wetter zu befahren – es war mein dritter Versuch und bei den ersten beiden Fahrten hat es entweder geregnet oder geschneit und die Sicht war mehr als bescheiden und die Strasse schlammig.

Die Zeichen standen gut – als wir in Tok starteten, war das Wetter gut und ich schöpfte Hoffnung, dass es klappt. Und tatsächlich – es blieb den ganzen Tag gutes Wetter – Ziel erreicht! Und ich kann sagen, es ist schön, wenn es schön ist…. Man hat also auf dem Top of the World Highway immer wieder sehr schöne Weitsichten auf Hügel, Wälder und Seen – eine durchaus lohnenswerte Fahrt, wenn man mehr als 10 Meter weit sieht… Und der Strassenzustand war sehr gut – es war eher staubtrocken als schlammig.

Wir fuhren und fuhren, machten ab und zu Fotostopps, legten einen Cappuchino-Halt ein in Chicken und fuhren weiter.

Plötzlich wurde das Gras grüner, die Luft klarer, der Himmel blauer und mein Herz ging auf - YUKON, ich bin wieder da!!!!! Es fühlte sich von einer Sekunde auf die andere «richtig» an und war wie ein Gefühl von Heimkommen… it feels like home!   
Der Grenzübertritt ging übrigens problemlos – ich hatte ja im letzten Bericht erwähnt, dass ich gespannt bin, was wir an der Grenze abgeben müssen (Früchte, Gemüse, Fleisch, Holz)

Wir hatten den Rücksitz des Trucks voll mit schönem, kleingehacktem Feuerholz, welches mir mein Götti am Anfang der Reise mit der Axt zubereitet hat. Im Yukon ist das Feuerholz zwar gratis, aber es ist nicht einfach, mit halben Bäumen ein Feuer zu machen – die Holzstücke sind im Yukon ca. 50 cm lang und 30 cm dick – da brauchst Du eine gute Axt und den Mut, die Axt auch anzuwenden. Da ich diesen Mut nicht habe, war ich auf meine kleinen, alaskanischen Holzscheite angewiesen. Wir haben diese also am Tag vor dem Grenzübertritt in einem unserer Koffer verstaut. Im Auto sichtbar liess ich genau noch 4-5 Stücke, welche ich notfalls entbehren kann.

Ich war bereit, an der Grenze unser letztes Rüebli abzugeben, ich war bereit, mich von unseren 2 Tomaten zu verabschieden. Aber ich war NICHT bereit, mein heissgeliebtes Feuerholz abzugeben und ich war bereit, zu kämpfen 😊

Als das Grenzgebäude auftauchte atmeten wir 3x tief durch, setzten unser schönstes Zahnpastalächeln auf und kurbelten das Fenster runter, um dem Grenzbeamten unsere Pässe zu zeigen. Er fragte mich, ob wir Feuerholz dabei hätten und ich antwortete wahrheitsgetreu mit ja. Da es nicht erlaubt ist, Feuerholz nach Kanada einzuführen, musste ich mich mit einem lachenden und einem weinenden Auge von meinen 4-5 Holzstücken verabschieden (das lachende Auge habe ich dem Grenzbeamten natürlich nicht gezeigt..). Am Abend haben wir dann unseren versteckten «Schatz» wieder hervorgeholt und ein extragrosses Feuer gemacht!
Unser Etappenziel war Dawson City und ich zeigte meiner Mum diese Goldgräberstadt auf einem kleinen Spaziergang durch die Strassen. Da wir keinen Abend in der Stadt verbrachten, konnten wir unser Glück im Spielcasino leider nicht versuchen und auch die tanzenden Can-Can-Girls bekamen wir nicht zu Gesicht. Dafür konnten wir im T-Shirt am Ufer des Yukon-Rivers einen feinen Capucchino schlürfen- das Wetter ist seit 3 Tagen herrlich und nun auch angenehm warm.


Unser Roadtrip im Yukon führte uns dann von Dawson City südwärts bis nach Carmacks – dort musste ich mich sehr konzentrieren und überwinden, um nicht dem Wegweiser nach Whitehorse zu folgen, sondern links abzubiegen auf den Robert Campbell Highway. «Mein» Whitehorse muss noch etwas auf mich warten…. Zuerst will ich noch einige auch für mich neue Strecken abfahren. Nachdem wir in Alaska kein Glück hatten mit den Bären und wir täglich angespannter wurden und uns sagten «wir gehen nicht nach Hause, bevor wir einen Bären gesehen haben» - konnten wir nun tatsächlich unseren ersten Bäri sehen. Ein junger, noch etwas unterernährter Grizzly stand am Strassenrand und kaute an irgendwelchen Büschen. Wir konnten ihm während einigen Minuten Gesellschaft leisten (vom Auto aus) und dann trottete er langsam davon und verschwand im Dickicht. Es gibt sie also doch – meine Mum wird nun wohl beim Wandern noch etwas nervöser sein…

Der Robert Campbell Highway ist eine wenig befahrene Strasse, welche von Carmacks auf einer Länge von 454 Km nach Watson Lake führt. Ungefähr die Hälfte der Strecke ist Schotterstrasse und versprach wieder abenteuerlich zu werden. Wir übernachteten auf einem kleinen, schönen Campingplatz direkt an einem See – der Campingplatz verfügt über 15 Standplätze – in dieser Nacht war genau 1 dieser Plätze besetzt, d.h. wir hatten den ganzen Campingplatz für uns allein… wir sassen dann bis um 22.00h gemütlich am Feuer, nachdem wir ein feines Znacht grilliert hatten.


Am nächsten Tag ging es auf dem 2. Streckenabschnitt weiter – in Ross River mussten wir Juliet noch mit Flüssigkeit versorgen – es ist unglaublich, was für einen Durst diese Dame hat – 130 Liter, 212 Dollar – und der Tank war noch zu einem Viertel voll…. Aber eben, sie muss auch vollen Einsatz leisten mit uns auf diesen Schotterpisten und nach wie vor ist sie eine sehr treue Begleiterin.
Wir erhofften uns, auf dieser einsamen Strasse diverse Tiere zu sehen – die Ausbeute ist nicht riesig, aber immerhin – als erstes sahen wir ein Porcupine (Stachelschwein), welches vor uns über die Strasse spazierte und dann im Dickicht verschwand – ich habe noch kurz die Verfolgung aufgenommen, aber das kleine stachelige Ding war flinker als ich und wollte nicht posieren…
Später sahen wir plötzlich am linken Strassenrand einen Moose-Bullen – zuerst galoppierte er davon, doch dann war er doch neugierig, was da des Weges kam und blieb stehen. So konnten wir 2,3 Fotos knipsen, bevor er dann doch wieder abdrehte und im Wald verschwand.

Kurze Zeit später – auf der rechten Seite – ein Schwarzbär – er hörte uns, sah uns heranbrausen und entschied sich, davonzurennen – wir sahen ihn grad noch in den Büschen verschwinden. Fürs Foto reichte es nicht mehr und obwohl wir noch einige Zeit am Strassenrand stehenblieben, kam er nicht wieder hervor.

Gegen Abend tauchte dann wiederum auf der linken Seite nochmals ein Schwarzbär auf – er blieb kurz stehen, entschied sich dann aber auch für die Flucht in die Büsche, bevor wir ihn in unserem Fotoalbum verewigen konnten…


Die Strecke war lang, stellenweise holprig, stellenweise etwas nass - an 2 Stellen mussten wir durch eine riesige Pfütze fahren, so dass das Wasser rechts und links vom Fahrzeug meterhoch aufspritzte (der Bäri hätte eine Volldusche erhalten, wenn er dort am Strassenrand gestanden hätte..).

Beim ersten Durchfahren dieser Pfütze ist meine Mum ganz leicht erschrocken, als die Wassermassen bis weit über die Seitenfensterhöhe spritzten. Ich bin durchgefahren mit einem Lächeln und einem «yeaaaah, this is the real Adventure» Beim zweiten Mal hat es meine Mum genau wie ich schon fast genossen und beim dritten Mal wäre sie ausgestiegen, um das Durchfahren zu fotografieren. Leider gab es bis jetzt kein drittes Mal…

Unterwegs sahen wir viele kleinere und grössere Seen, konnten einen Spaziergang entlang eines kleinen Canyons machen, sahen die unendlichen Weiten, Hügel und Wälder des Yukons und konnten die uns entgegenkommenden Fahrzeuge an einer Hand abzählen.


Ca. 85 Km vor dem Ende dieses Highways kam wieder ein kleiner Campingplatz direkt am See – bei der Einfahrt war ein Zettel aufgehängt mit einer «Bärenwarnung» und meine Mum hat schon leicht feuchte Hände bekommen – da die 10 Stellplätze wiederum menschenleer waren, wir uns grundsätzlich nach einer Dusche sehnten und auch einmal Wäsche waschen wollten, haben wir uns entschieden, die letzten 85 Km bis Watson Lake auch noch durchzufahren und dort auf einen Campingplatz mit Duschen und der Möglichzeit zum Waschen zu gehen. Es war notabende die erste Nacht, die wir auf einem solchen Park verbringen würden und dies auch nur, weil wir so grad einen «Rundum-Service» für Mensch, Kleider und Auto machen können.

Aber eben – Freude macht es nicht – ein grosser Kiesplatz, Auto an Auto, kein Tisch, keine Feuerstelle, teuer – aber wir sagten uns, Augen zu und durch – die positiven Aspekte überwiegen und wir sehen diese Übernachtung nur als Mittel zum Zweck an. Als erstes haben wir Juliet gewaschen – sie hatte eine Dusche verdient. Danach kamen unsere Klamotten an die Reihe und zum Schluss gönnten auch wir uns eine ausgiebige Dusche. Ganz ungewohnt war, dass wir unseren Camper am Strom anschliessen konnten – das Kabel war bisher unbenutzt verstaut… vor lauter Freude haben wir alle Lichter im Camper angestellt, einfach um zu sehen, wie hell es wäre, wenn….

Als wir später etwas aus einem Staufach nehmen wollten und den schon halb verstaubten Toaster dort stehen sahen, haben wir fast euphorisch festgestellt, dass wir unser Toast zum ersten Mal im Toaster zubereiten können anstatt in der Bratpfanne… ein ganz neues Feeling und eine einmalige Ausnahme. Als wir alles und alle wieder auf Vordermann gebracht hatten, war es schon 21:00h und wir hatten noch nicht gekocht – meine Mum musste also wieder einmal so einiges aushalten mit mir – aber ich möchte betonen, dass es auf dieser Reise das erste Mal war, dass es so spät zu Essen gab – gut, es war wahrscheinlich ein neuer Rekord – um 21:45h assen wir unsere Spaghetti.

Nach dem Essen machten wir noch Gebrauch vom Gratis-Wifi, welches wir ja mit der Campingplatz-Gebühr auch bezahlt hatten und ganz sicher nicht unverbraucht verstreichen lassen wollten. Also haben wir noch dieses und jenes nachgeschaut, ich habe die weitere Route zu Ende geplant, eine Fähre reserviert, und und und.

Irgendeinmal schaute ich auf die Uhr und stimmte sogleich ein Liedchen an: «Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät?» - meine Mum schaute mich an und dann ein Blick auf die Uhr 00:10h – so langsam war unsere allabendliche Tea-time mehr als fällig und auch hier haben wir weitere Rekorde gebrochen – um 00:45h gabs Tee und Guetzli und um 01:10h gingen wir ins Bett – das erste Mal, dass es draussen dunkel war, als wir ins Bett gingen… auch eine neue Erfahrung – aber wir hatten ja Strom und konnten Licht-technisch aus dem Vollen schöpfen, so dass wir den Weg ins Bett nicht mit der Stirnlampe suchen mussten.


Nun ist schon die letzte Woche angebrochen und unsere Reiseroute geht in die letzte Runde – von Watson Lake werden wir nochmals einen kurzen Abstecher nach Alaska machen, wir fahren nach Skagway und von dort mit der Fähre nach Haines – Haines und der Streckenabschnitt zwischen Haines und Haines Junction ist nochmals eine neue Strecke für mich und ich freue mich darauf, dieses letzte Stück noch zu entdecken, bevor es dann endgültig und definitiv nach Whitehorse geht.

Ich melde mich dann sicher nochmals mit einem letzten Update.

 

Liebe Grüsse
Tanja & Irma