10.09.2019

Reisebericht | Reiten in Kanada

Nicole's Reit-Abenteuer in Westkanada - Mit dem Pferd durch die Wildnis!


Die Vorfreude war gross und endlich ist es soweit: Unsere Reise nach Kanada - mit Schwerpunkt Reiten - beginnt! Wir fliegen mit dem Direktflug der Edelweiss Air von Zürich nach Calgary, der Cowboyhauptstadt. Direkt nach der Ankunft übernehmen wir unseren Mietwagen und fahren zum ersten Hotel, gleich in der Nähe des Flughafens. Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg in die Rocky Mountains.

Am ersten Tag erkunden wir das Städtchen Banff mit seinen vielen kleinen Souvenir- und Kunstläden und wandern zum Johnson Canyon hinauf, um den Wasserfall zu bestaunen. Von Banff aus startet am nächsten Tag unser 3-Tages-Packtrip in die Wildnis der Rockies. Wir packen das Wichtigste in eine kleinere, wasserdichte Tasche. Unser Gepäck wird dann mit Mauleseln zum Camp gebracht mit den Nahrungsmitteln für unser Essen und dem Futter für die Tiere.
 
Bei uns auf dem Pferd haben wir nur das Nötigste: Kamera, Regenschutz, Sonnencreme und Mückenspray ;) Beim Start schauen wir uns noch eine Übersichtskarte der Region an und Kate, unser Guide, zeigt uns wohin uns der bevorstehende Trip führen wird. Unsere Gruppe, bestehend aus Kate, unserem Guide, zwei weiteren Teilnehmern - Rita und Core aus Kanada - und uns beiden, wird mit dem Auto zur Packstation, etwas ausserhalb von Banff gebracht, wo auch schon unsere Pferde auf uns warten.

Los gehts, die Pferde sind gesattelt, unsere Sachen in den Satteltaschen verstaut und wir machen uns auf den Weg.

Es geht steil hoch, einen schmalen Pfad entlang durch den dichten Tannenwald. Da es den ganzen Morgen leicht regnet, sind wir froh um den Schutz der Bäume, so werden wir gar nicht richtig nass. Am Mittag klart das Wetter netterweise etwas auf - und Kate holt einen kleinen Grill raus und grilliert uns leckere Alberta Beef Steaks. Das war eine willkommene Überraschung - wir hatten eher mit Sandwiches zum Mittagessen gerechnet. Der Weg ins Camp führt uns weiter durch dichten Wald und einige offene Täler mit atemberaubender Aussicht. Wir meistern zahlreiche Flussdurchquerungen und kommen am späteren Nachmittag im Stoney Camp an.

Das Camp besteht aus einem abgezäunten Stück Land für die Pferde und Maulesel, einem grossen Aufenthaltszelt inklusive einer voll ausgestatteten Küche, mehreren Übernachtungszelten, Plumpsklos und einer grossen Feuerstelle.


Nach einem leckeren Abendessen und etwas Zeit am Lagerfeuer schlüpfen wir warm eingepackt und mit einer wärmenden Bettflasche in unsere Schlafsäcke und lauschen zum Einschlafen der Stille der Wildnis.
 
Am nächsten Morgen geht es nach einem ausgiebigen Frühstück zu unseren Pferden und wir verbringen einen weiteren Tag hoch zu Ross. Wir erkunden die Gegend, steil hoch, wieder runter, durch Flüsse, am Wasser entlang. Den späteren Nachmittag verbringen wir im Camp, entspannen bei einer Tasse Tee vor dem Ofen und wärmen uns auf. Es war ein kalter und windiger Tag, alle Sträucher und Äste nass vom nächtlichen Regen.
 
Am nächsten Tag ist es schon wieder Zeit, unsere Sachen zusammen zu packen, alles wird wieder auf die Maulesel gepackt und wir geniessen einen letzten schönen Ritt auf der Feuerstrasse zurück nach Banff, wo wir uns schweren Herzens von unseren Pferden und neuen Freunden verabschieden müssen.
 
Unsere Reise führt uns nun weg von den Rockies. Über den Kananaskis Trail fahren wir ins Ranchland von Alberta. Je weiter wir fahren, desto flacher wird die Gegend und desto grüner werden die Wiesen.
Wir verbringen ein paar Tage bei Freunden auf einer Ranch. Wir helfen bei der Rinderarbeit mit, also ab aufs Pferd und raus auf die Felder. Nach den Rindern Ausschau halten und mit einem Auge den Zaun kontrollieren, ob irgendwo was kaputt ist, die Rinder zählen, schauen ob alle gesund sind und sie zum Wasser oder auf einen anderen Abschnitt treiben, also normale Cowboyarbeit eben, für uns jedoch immer wieder ein tolles Erlebnis.

Der Nationalfeiertag von Canada, der 1. Juli, ist für uns dieses Jahr ganz besonders speziell. Wir sind zu einem Branding eingeladen. Jeder Rancher muss seine Jungtiere markieren, bevor er sie verkaufen kann. Zu diesem Anlass werden etliche Nachbarn und Freunde eingeladen - natürlich zum Helfen, aber auch um einander mal wieder zu sehen und zu plaudern.

Die Kälber werden mit dem Lasso eingefangen, von zwei Personen festgehalten und bekommen während dieser Zeit eine Impfung, die Ohrmarke und das Brandzeichen verpasst. Die Männchen werden gleichzeitig noch kastriert. Nach getaner Arbeit wird gemeinsam gegessen und am Abend bestaunen wir von der Veranda aus das Feuerwerk zum Nationalfeiertag.
 
Unsere Reise führt uns nun weiter Richtung Osten, ganz knapp über die Grenze von Alberta nach Saskatchewan. Da besuchen wir die Historic Reesor Ranch, die am Rande des Cypress Hills Provincial Park liegt. Wir machen einen tollen Abendausritt über die Felder, welche sattgrün und durch die Wälder. Einen kurzen Halt machen wir ganz oben auf dem Hügel, wo wir über das ganze Tal sehen können. Nachdem unsere Pferde abgesattelt und geputzt sind, setzen wir uns im Saloon an einen Tisch und geniessen ein wunderbares Steak vom Grill.


Wir übernachten im Hauptgebäude der Ranch, welche nicht ohne Grund «Historic» Reesor Ranch heisst. Jedes Zimmer ist einer anderen Generation der Reesor Familie gewidmet und zeitgemäss eingerichtet. Nebst dem Haupthaus haben sie auch mehrere Cabins zum Vermieten.
 
Bevor wir weiterreisen, statten wir dem Cypress Hills Provincial Park noch einen Besuch ab. Wir fahren über eine Schotterstrasse, welche bei schlechtem Wetter nicht mehr befahrbar wäre, zur Fort Walsh Historic Site. Auf dem Weg gibt es einige schöne (Foto-)Stopps zu machen. Beim Fort selber gibt es verschiedene Führungen oder man erkundet das Gelände auf eigene Faust. Für uns war es eine tolle Abwechslung, bevor die Fahrt Richtung Osten weiter geht.
 
Wir fahren östlich auf dem Highway 1 in Richtung Swift Current, Saskatchewan. Die Gegend wird immer flacher und das Gras immer gelber. Das typisch kanadische Ranchland. Nördlich von Swift Current, in der Gegend der Rolling Hills, erreichen wir über eine Schotterstrasse die La Reata Ranch, unser Zuhause für die nächsten 5 Tage.


Die Ranch hat mehrere Cabins für die Gäste, ein Gemeinschafts-Cabin, wo gegessen wird und einen Saloon, wo sich am Abend alle treffen zum Relaxen, Bier trinken oder Billard spielen.
 
Nach dem Frühstück begeben sich alle zum Corral und warten. Plötzlich hört man ein dumpfes Trampeln und vom Hügel oben kommen ca. 20 Pferde herangaloppiert. Ein unbeschreiblicher Anblick.
 
George und sein Wrangler Slim suchen am ersten Tag die für uns passenden Pferde aus, anhand unserer Reiterfahrung. Jeder putzt sein Pferd selbst, so lernt man sich gleich etwas kennen. Satteln und zäumen wird uns gezeigt, damit wir es die nächsten Tage selber machen können. Bevor es los geht, packt jeder noch sein Lunch-Paket und die Wasserflasche ein.
 

Auf unserem ersten Ausritt sind wir eine ganz kleine Gruppe, nur zu viert. Die meisten anderen Gäste sind schon mehrere Tage auf der Ranch und haben nun einen Ruhetag eingelegt. Wir geniessen unseren ersten Eindruck einer wieder völlig anderen Landschaft, als wir bis jetzt gesehen haben... die eher trockenen Wiesen erinnern an eine Steppe und schlängeln sich über unzählige Hügel und Täler, es gibt keine Bäume, nur hin und wieder ein paar Büsche oder kleine Kakteen. Zur Mittagszeit suchen wir uns ein schattiges Plätzchen, wo gemütlich der Lunch gegessen wird, Cowboy-Kaffee über dem Feuer gemacht wird und nach einem Nickerchen im Gras geht der Ritt weiter.

Am Anfang sieht jedes Tal und jeder Hügel gleich aus, doch mit der Zeit sieht man die feinen Unterschiede, erkennt ein Plätzchen wieder, wo man am Tag zuvor eine Pause gemacht hatte. Die Landschaft ist so speziell und faszinierend, dass einem überhaupt nicht langweilig werden kann. Nach unserem Tagesausritt geniessen wir auf der Terrasse vor dem Saloon ein kühles Bier, bevor wir zum Abendessen gerufen werden. Brenda und ihr Team übertreffen sich jeden Tag wieder aufs Neue und kochen für uns wunderbare Köstlichkeiten.

Wenn wir nicht am Ausreiten sind, ruhen wir uns auf der Veranda aus oder lernen von Slim die Fertigkeit des Lasso Werfens. Was einfacher aussieht, als es ist.

Viel zu schnell geht unser Aufenthalt auf der La Reata Ranch zu Ende und es wird Zeit, wieder nach Calgary zu fahren. Doch noch haben wir unser letztes Highlight vor uns: die Calgary Stampede, die als grösste Rodeo-Show der Welt gilt.
 


Nachdem wir unseren Mietwagen am Flughafen zurückgegeben haben - den brauchen wir für die letzten Tage in Calgary nicht mehr - und unser Hotelzimmer, wieder in der Nähe des Flughafens, bezogen haben, fahren wir auch gleich zum Festgelände. Abends gibt es jeweils erst ein Chuckwagon-Race (Planwagen-Rennen) und danach eine spektakuläre Show mit Musik, Tanz, Witz und Special Effects.
 


An unserem letzten Tag in Kanada besuchen wir an der Stampede das Nachmittags-Rodeo. Wir schauen gespannt, welcher der Teilnehmenden die 8 Sekunden-Marke auf dem Rücken eines buckelnden Stiers schafft, wer schneller um die 3 Tonnen galoppiert und wer das Kalb am schnellsten mit dem Lasso eingefangen hat. Ausserhalb des Rodeos ist ein riesiger Rummelplatz mit Vergnügungsbahnen für die Kleinen, Landwirtschaftsausstellungen für die Grossen und Einkaufs- und Essensstände für alle.

Müde und glücklich von so vielen Eindrücken, fahren wir zurück zum Hotel für unsere letzte Nacht in Kanada, denn am nächsten Tag ist es leider Zeit für uns, nach Hause zu fliegen... aber eins ist klar: wir kommen wieder, Kanada!