05.12.2019

Reisebericht | Alaskas Küste

Ausführlicher Reisebericht über die Küstenregion Alaskas mit anschliessender Zugfahrt bis nach Fairbanks.


25. August: ANCHORAGE
Nach einigen interessanten Tagen in Vancouver und einem faszinierenden Flug entlang der alaskanischen Inside Passage Küste bin ich bei sonnigem Wetter in Anchorage gelandet. Schon unmittelbar beim Verlassen des Flughafens ist mir der Geruch, wie ich ihn normalerweise vom Cheminée zu Hause kenne aufgefallen, zudem war die Sicht durch eine hellbraune Nebelwand leicht beeinträchtigt. Zur Zeit wüten in Alaska verschiedene grosse Buschfeuer und Waldbrände, wobei insbesondere das Feuer auf der Kenai Halbinsel der Bevölkerung Sorge bereitet. Ursprünglich in einem völlig unbewohnten Gebiet bereits in Juni entstanden, hat sich dieses Feuer leider bei starken Winden im August wieder entfacht und bedroht nun zunehmend auch zivilisierte Regionen. Je nach Windrichtung sind deshalb die Auswirkungen bis nach Anchorage spürbar.

26. August: HATCHERPASS
Auch wenn ich sicher bereits mehr als 20x in Alaska unterwegs war, ist es mir noch keine Minute langweilig geworden in all den Jahren und ich freue mich immer wieder auf kleine Dinge, kleine Veränderungen und geniesse jeden Moment in dieser wunderbaren Ecke der Erde. Nach einer ersten Nacht im Hotel habe ich mich entschlossen, den ersten Tagesausflug in nördlicher Richtung zu machen, auch um dem Rauch etwas auszuweichen. Ein Abstecher zur Independence Goldmine auf dem Hatcherpass ist immer wieder eine tolle Möglichkeit, um mit relativ wenig Fahraufwand als Tagesausflug die Stadt zu verlassen und in die Natur und Wildnis einzutauchen. Der Hatcherpass bietet eine schöne Aussicht hinunter auf den Cook Inlet sowie verschiedene kleinere und grössere Wanderungen. Auf den Besuch der Goldmine habe ich verzichtet, da ich diesen geschichtsträchtigen Ort nun doch schon mehrmals besucht habe. Für Einsteiger kann ich jedoch den Besuch der stillgelegten Goldmine wärmstens empfehlen.

An einem ersten Tag in Anchorage darf aus meiner Sicht der Besuch des einen oder anderen Ausrüstungsladens nicht fehlen. Sei es um die Ausrüstung zu komplettieren oder auch nur einfach um mit Staunen festzustellen, was für ein riesiges Angebot an Outdoor Equipment hier im gleichen Geschäft angeboten wird.

27. August: TURNAGAIN ARM
Heute habe ich mich mit dem Mietwagen in Richtung Süden auf den Weg nach Homer gemacht. Dies doch mit gemischten Gefühlen, da lediglich eine Strasse über den Sterling Highway nach Homer führt und dies mitten durch das von Waldbränden betroffene Gebiet. Nach einer imposanten Fahrt entlang des Turnagain Arms mit seinen eindrücklichen Ebbe und Flut Gehzeiten direkt dem Meer entlang viel mir bereits auf, dass wenige Autos unterwegs waren. Der strahlend blaue Himmel vermischte sich zusehends mit Rauch und bei der Abzweigung Seward- und Sterling Highway wurde ich von der Polizei angehalten. Nach einer längeren Wartezeit konnte ich anschliessend im Konvoi mit einem sogenannten Pilot Car (ein Fahrzeug welches, wie auch bei grösseren Baustellen, vorausfährt) das Gebiet von ca. 30 Kilometern passieren. Diese Fahrt wird mir sicher lange im Gedächtnis bleiben. Einerseits betrug die Sicht teilweise weniger als 10 Meter und andererseits waren teilweise direkt am Strassenrand Bäume im Brand, was doch etwas beängstigend war. Die Behörden hier in Alaska sind sich jedoch den Umgang mit Naturgefahren gewohnt und wissen selbstverständlich, was zu tun ist und verantwortet werden kann. 

Ab Soldotna war die restliche Strecke problemlos befahrbar und so habe ich im Verlauf des Nachmittags Homer erreicht, wo ich die nächsten Tage verbringen werde. Auf der Fahrt blieb genügend Zeit um sich über die Auswirkungen des Klimas Gedanken zu machen, Waldbrände in den zunehmend wärmeren und trockenen Sommern sind dabei in Alaska ein Phänomen, welches sicher in den nächsten Jahren immer wieder ein Thema sein wird.

28. August: HOMER
Wenn ich am Meer bin, ist es mir immer besonders wichtig, falls möglich, auch einen Blick aufs Meer zu haben oder noch besser möglichst nahe am Meer zu übernachten. Dieser Wunsch kann in Homer bei frühzeitiger Buchung erfüllt werden, wobei grundsätzlich Homer sogar für alaskanische Verhältnisse teuer ist und natürlich die Lage auch seinen Preis hat. Homer ist für mich vielleicht der Ort mit der grössten Lebensqualität in ganz Alaska. Eine wunderbare Lage direkt in einer sehr grossen Bucht, umrahmt von Schneebergen und Gletschern mit einem moderaten Klima – was will man mehr.

Eine Vielzahl von Europäer haben sich in Homer niedergelassen, nicht zuletzt weil diese Ortschaft auch über einen guten Flughafen verfügt und Anchorage in weniger als einer Stunde mehrmals täglich erreicht werden kann. Homer selber verfügt über mehrere gute Unterkünfte und insbesondere über ein geniales kulinarisches Angebot. Nebst Restaurants, welche sich auf alle Kontinente spezialisiert haben, existieren mehrere Bäckereinen, Lunchbars und Dining Restaurants, welche praktisch ausschliesslich lokale Produkte anbieten.

Um 09.00 Uhr habe ich das Wassertaxi gebucht, welches mich und meine Familie über die Bay auf die andere Seite an einen einsamen Strand bringt. Wir haben uns für eine Tageswanderung entschieden, welche uns zuerst dem Strand entlang und anschliessend durch Regenwald zu einem Gletschersee führt. Bereits nach wenigen Minuten sehen wir in der Ferne einen Schwarzbären, der aber vor uns sogar noch mehr Respekt hat als wir vor ihm. Immer wieder werden wir von Weisskopfseeadlern beobachtet, welche zuoberst auf einem meist kahlen Baum sitzen und sich irgendwann entschliessen, den Standort zu wechseln. Diese Wanderung erfordert keine ausserordentlichen Fähigkeiten, in einigen Stunden werden knapp 10 Kilometer zurückgelegt, ich empfehle daher die Wanderung nicht alleine zu unternehmen. Generell ist es immer gut, für solche  Aktivitäten einen Bärenspray mitzunehmen und sich vorher über das Wetter zu erkundigen.

Wie vereinbart, wurden wir pünktlich für die Rückfahrt nach Homer an einem anderen Ort abgeholt. Glücklicherweise hat der Fahrer des Wassertaxis Freude an seinem Job und insbesondere daran, uns als Besuchern etwas zu bieten. Bereits auf der Hinfahrt besuchen wir deshalb eine felsige Insel, auf welcher tausende von Vögeln brüten und zudem sehr viele Seeotter zu Hause sind. Auf dem Rückweg machen wir noch einen Abstecher ins kleine Dorf Halibut Cove und zum Dessert konnten wir kurz vor dem Hafen von Homer noch mehrere Buckelwale beobachten, welche immer wieder in dieser Region anzutreffen sind.


29. August: TUTKA BAY LODGE
Sehr gespannt war ich auf den heutigen Tag. Während unsere erwachsenen Kinder in Homer zurückblieben und einen ganztägigen Ausflug zum Kajaken auf eine einsame Insel unternommen haben, brachte wiederum ein Wassertaxi mich und meine Frau zur Tutka Bay Lodge. Diese Lodge liegt einsam in einer malerischen Bucht auf der anderen Seeseite von Homer und ist in ca. 30 Minuten erreichbar. Als Alternative wäre es auch möglich, die Lodge direkt ab Anchorage mit dem Wasserflugzeug anzufliegen. Wir wurden sehr herzlich empfangen und bereits beim Verlassen des Bootes ist mir sofort die absolute Ruhe und Stille aufgefallen. Ein grosszügiges Sonnendeck, welches bei Bedarf auch zu einem Helikopter-Landeplatz umfunktioniert werden kann, bietet einen grandiosen Überblick der Bucht mit den umliegenden, hohen Bergen. Die Cabins weisen einen guten Standard auf, sind sehr gemütlich und persönlich eingerichtet. Bereits beim anschliessenden Lunch wurde uns bewusst, wo diese Lodge definitiv punkten kann: Das Essen ist schlicht grandios! Nebst dieser Lodge betreiben die gleichen Besitzer noch eine Wildnislodge in der Umgebung des Mount Denali und zudem ein sehr beliebtes Restaurant auf dem Spit in Homer. Die Familie hat bereits mehrere Kochbücher geschrieben und verbindet in perfekter Weise gesundes und modernes Kochen mit lokalen und teilweise sehr traditionellen Produkten. So fliessen nebst Fisch und Meerestieren auch verschiedene Algen und Meerespflanzen in den Speiseplan mit ein. Nebst der Lodge haben die Besitzer ein altes, inzwischen trockengelegtes Boot vollständig zu einer Kochschule ausgebaut und bieten, als zweites Standbein, auch lokal Kochkurse an. Besucher können täglich ebenfalls in den Genuss einer Kochlektion kommen und erhalten einen Einblick in die Küche, sofern Interesse besteht. Selbstverständlich aber, hat die Lodge noch viel mehr zu bieten und so haben wir den Nachmittag gemütlich mit dem Kajak in den umliegenden Buchten verbracht, um z.B. Seeotter aus nächster Nähe zu beobachten.


30. August: TUTKA BAY LODGE
Das gestrige Nachtessen lies keine Wünsche offen und auch das passende Glas Wein durfte nicht fehlen. Nach dem Dinner wurde uns noch die Gelegenheit geboten, um bei einer Bootsfahrt in der Umgebung so richtig den Sonnenuntergang und die Abendstimmung zu geniessen, und so den Tag ausklingen zu lassen. Kein Glück hatten wir mit Nordlichtern an diesem Abend, aber die vielen Sterne am dunklen Nachthimmel vom Jacuzzi aus beobachten zu können, waren mehr als nur ein Ersatz.

Bei mehrtägigen Aufenthalten wären noch ganztägige Ausflüge, z.B. zum Hochseefischen oder zur Bärenbeobachtung inbegriffen. Vor der Abreise am heutigen Tag, stand für uns noch ein ausgedehnter Strandspaziergang in Begleitung eines erfahrenen Guides auf dem Programm. Bereits während der Kajakfahrt am Vortag hatten mich Ebbe und Flut enorm beindruckt. Die ganze Lodge inklusive dem Bootshafen stehen auf Holzstelzen. Dies weil der Unterschied der Gezeiten bis zu 10 Metern beträgt! Stündlich nimmt der Wasserstand über einen Meter zu oder ab, das ganze Schauspiel kann von blossem Auge gut beobachtet werden. Während am Vortag und bei Flut mit dem Kajak praktisch an den Cabins der Lodge vorbeigefahren werden konnte, hat sich nun heute bei Ebbe die ganze Unterwasserwelt vor unseren Füssen offenbart, welche uns normalerweise verborgen bleibt. Es ist eindrücklich, was das Meer alles zu bieten hat und wie viele Lebewesen aus dem Meer in der Lage sind, während mehreren Stunden praktisch auf dem Trockenen zu überleben und auf die nächste Flut zu warten. Seeanemonen, sehr grosse Seesterne und viele andere kleine Bewohner haben uns dank kundiger Unterstützung durch unseren Guide einen völlig neue und für uns bis dahin unbekannte Welt eröffnet.

31. August: HOMER
Heute hat sich meine Familie von mir verabschiedet und ist mit dem Auto nach Anchorage zurückgefahren, um noch viele neue Seiten von Alaska kennenzulernen und bleibende Eindrücke zu sammeln. Ich meinerseits, habe noch einen Tag Zeit in Homer, weshalb ich mir einen Ausflug zur Bärenbeobachtung gebucht habe. Homer ist einer der Besten, wenn nicht sogar der beste Ort in Alaska für Tagesausflüge zur Bärenbeobachtung. Je nach dem wo sich die Bären gerade aufhalten fliegen die Piloten entweder in die Hallo Bay, den Katmai Nationalpark oder den Lake Clark Nationalpark, um die grossen Küstenbären in freier Wildbahn zu beobachten. Nur schon der Flug entlang den ganzen Vulkanen mit anschliessender Landung direkt am Strand, ist dabei ein absoluter Höhepunkt. Nach der ganzen, sehr professionellen Vorbereitung und Einführung ist der Pilot mit mir und vier weiteren Gästen gegen 9 Uhr in Homer abgeflogen. Während das Wetter direkt am Meer noch recht gut war, wurde die Sicht zunehmend schlechter und plötzlich waren wir von Wolken umgeben. Nach wenigen Minuten sah ich wieder die Küste unter mir, realisierte aber sofort dass wir in die falsche Richtung, nämlich zurück nach Homer, flogen. Während das Wetter vorher die ganze Woche perfekt war, zog leider eine Schlechtwetterfront auf. Die Kleinflugzeuge müssen am Strand auf Sicht starten und landen können und dies war an diesem Tag leider nicht gewährleistet. So musste der Pilot richtigerweise umkehren, was leider bei vielleicht 15 – 20 % der Ausflüge der Fall ist. Gerade aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass auch für solche Ausflüge etwas Extrazeit zur Verfügung steht. Auch wenn es keine Garantien gibt, bestehen doch recht gute Chancen den Ausflug vielleicht am nächsten Tag nachzuholen. Auch wenn ich mich sehr auf den Bärenausflug gefreut habe, bin ich in der glücklichen Lage, bereits mehrmals auf diese Weise ausgeflogen zu sein und kann deshalb gut damit leben. Für Gäste welche diesen Ausflug als Höhepunkt der Reise eingeplant haben, ist dies natürlich eine bittere Pille, wobei in einem solchen Fall doch wenigstens die Kosten zurückerstattet werden.

Aus diesem Grund habe ich den letzten Tag gemütlich in Homer verbracht, unter anderem mit dem Besuch des Alaska Island & Oceans Visitor Centers, was ich jedem Besucher von Homer nur empfehlen kann. Ein weiteres sehr gutes Nachtessen war dabei für mich der perfekte Abschluss des mehrtägigen Aufenthaltes in dieser Region am südlichen Ende der Kenai Halbinsel.

01. September: FAHRT VON HOMER NACH KODIAK
Bereits in der letzten Nacht hörte ich das Meer rauschen und den Wind pfeifen. Das Wetter hat nun definitiv umgeschlagen und der Herbst steht vor der Tür. In dieser Jahreszeit sind kleinere und auch grössere Stürme entlang der Küste Alaskas keine Seltenheit. Bereits seit Tagen habe ich mich auf die Fährenfahrt von Homer nach Kodiak gefreut, welche etwas 10 Stunden dauert. Der Alaska Marine Highway System (staatliche Fähre) gegenüber, habe ich in den letzten Wochen, Monaten und Jahren eine etwas zwiespältige Beziehung aufgebaut. Die Fähre ist ganz klar ein Service Public und gerade für Einheimische, welche sehr abgelegen irgendwo in einer kleinen Ortschaft entlang der Küste leben, von enormer Wichtigkeit. Auch Güter und Fahrzeuge können auf diese Weise in entlegene Gegenden transportiert werden. Leider war die Fähre in den letzten Jahren als staatliche Institution immer wieder Budget-Kürzungen unterworfen, was zu einer zunehmenden Unzuverlässigkeit geführt hat. Als negativer Höhepunkt streikte die Fähre zudem in diesem Sommer mehrere Wochen, so dass wir als Reiseveranstalter leider die Fähre nicht mehr aktiv als fester Bestandteil einer Reise anbieten können. Es ist jedoch ein faszinierendes Transportmittel, bereits vor 25 Jahren hatte ich während einer dreitägigen Fahrt durch die Inside Passage von Skagway nach Bellingham die Fähre schätzen und lieben gelernt. Da das nächste Schwergewicht meines diesjährigen Aufenthaltes die Insel Kodiak ist, hat sich jedoch diese Fährenfahrt in idealerweise angeboten. Die Fähre ist im Durschnitt einmal wöchentlich unterwegs und wer wirklich genügend Zeit hat, kann sich allenfalls sogar überlegen, die Reise mit dem eigenen Fahrzeug anzutreten. Ich bin jedoch nur mit der Reisetasche unterwegs und auf diese Weise ist ein Transport nie ein Problem, sofern die Fähre auch fährt.


Heute jedenfalls waren anscheinend so wenige Passagiere unterwegs, dass Sie am Schalter beim Einchecken schon meinen Namen wussten… Weil um die geplante Abfahrtszeit gerade maximale Ebbe herrschte, gelangte ich über einen Lift an Bord, welcher normalerweise für die Fahrzeuge reserviert ist. Ich wurde also buchstäblich auf einem Fahrzeuglift fast 10 Meter nach unten gefahren, um das Fahrzeugdeck zu erreichen. Die Fähren sind modern und mit allen möglichen Annehmlichkeiten wie sogar Kabinen oder einem Kino ausgestattet. Während der ganzen Fahrt kann sich jeder im Restaurant verpflegen und es sich auf einem der gemütlichen Sitze bequem machen. Die Abfahrt erfolgte mit einstündiger Verspätung, weil der Wasserstand schlicht zu niedrig war und wir zuerst wieder mehr Wasser unter den Kiel erhalten mussten. In dieser Jahreszeit und insbesondere für die Destination Kodiak ist die Fähre nicht ausgebucht, trotzdem empfehle ich die Fähre im Voraus zu reservieren. Im Gegensatz zur sogenannten Inside Passage, welche entlang der Küste führt, sind wir heute auf offenem Meer unterwegs. Die Fähre verfügt über seitliche Stabilisatoren und ich persönlich fühle mich auf Schiffen immer wohl und geniesse die raue See. Die Wellen sind angeblich zwischen 2 und 3 Metern hoch, auf jeden Fall spritzt die Gischt immer wieder direkt an die Fenster vor uns, welche sich doch weit über 10 Meter über dem Meeresspiegel befinden. Bei dieser Gelegenheit kommen mir die Fernseh-Sendungen in den Sinn mit den Krabbenfischern aus Kodiak, da war auf jeden Fall das Meer auch noch nie ruhig. Entschädigt werden wir immer wieder mit Walbeobachtungen, so haben wir heute mehrmals Buckelwale, Orcas und sogar Finnwale gesehen. Mit der Ankunft in Kodiak Stadt beginnt für mich ein neues Kapitel Alaska. Obschon ich seit über 20 Jahren regelmässig in Alaska unterwegs bin kann ich heute doch auch einmal Neuland betreten, was doch ein Kribbeln hervorruft.


02. September: KODIAK ISLAND MIT DEM MIETWAGEN
Die Insel Kodiak hat fast die Fläche der Schweiz, auf der ganzen Insel leben aber nur ca. 13'000 Leute. Davon sind alleine in Kodiak Stadt fast die Hälfte der Einwohner zu Hause. Mit genügend Zeit lohnt es sich auf jeden Fall ein Fahrzeug zu mieten. Das Strassennetz ist überschaubar und die geteerten Strassen sind in einem wirklich guten Zustand. Am Morgen habe ich mir heute den kurzen Abstecher nach Fort Abercrombie vorgenommen. Ehrlich gesagt, war ich etwas unvorbereitet und hatte deshalb keine konkrete Vorstellung, was mich in den nächsten Tagen erwarten wird. Auf dem ersten Parkplatz habe ich meinen Mietwagen abgestellt und bin anschliessend auf den gut ausgeschilderten Pfaden einem See entlang gelaufen. Bereits nach wenigen Metern hat sich mir eine völlig andere und neue Welt mit Pflanzen und einer Vegetation offenbart, welche ich bis anhin nur auf meinen Reisen in der Inside Passage, also in der Gegend um Ketchikan, Sitka und Juneau, vorgefunden habe. Regenwald, Seen und das Meer - und dies innerhalb von wenigen hundert Metern, was will man mehr. Die Wege sind absolut problemlos zu begehen und eine perfekte Möglichkeit, um in eine andere Welt einzutauchen. Es dauert jedoch nicht lange, bis ich bereits wieder in eine andere Welt geholt wurde. Mir war nicht bewusst, dass während dem zweiten Weltkrieg Kodiak befestigt und verbunkert wurde, um mögliche Angriffe vorzubeugen. Noch heute erinnern verschiedene Bunker und Befestigungen sowie Kanonen an diese Zeit zurück und bilden einen Teil der reichen Geschichte von Kodiak Island.


Nach dem Lunch führte ich anschliessend die etwas längere Fahrt in entgegengesetzter Richtung zum südlichen Ende der Insel. Immer wieder habe ich dabei interessante Fahrstrecken über Hügel, entlang schönen Buchten und durch immergrüne Weidelandschaften erlebt, ohne dass mir dabei eine Sekunde langweilig wurde. Auf solchen Fahrten entstehen immer wieder interessante Begegnungen oder  Überraschungen, so konnte ich z.B. Fischer beobachten oder zusehen, wie ein grosses Fischerboot mit viel Mühe durch einen alten Militärlastwagen an Land gezogen wurde. Ziel und ein weiterer Höhepunkt war der Fossil Beach, welcher seinem Namen alle Ehre macht und bei näherer Betrachtung tatsächlich mehrere Versteinerungen bewundert werden konnten.


03. September: TAGESAUSFLUG ZUR BÄRENBEOBACHTUNG IN DEN GEOGRAPHIC HARBOR
Ich habe in Alaska mindestens schon 10 Tagesausflüge zur Bärenbeobachtung unternommen und zudem auf vielen Lodges, welche sich auf Bären spezialisiert haben, mehrere Tage verbracht. Kodiak Island war diesbezüglich Neuland für mich und ich war sehr gespannt, was mich erwarten würde. Es war für mich bereits im Voraus klar, dass es keinen Sinn macht, um lediglich für einen Tagesausflug zur Bärenbeobachtung den ganzen Weg nach Kodiak auf mich zu nehmen. Dazu bestehen auch gute Möglichkeiten direkt ab Anchorage oder dann auch ab Homer. In Verbindung mit einem mehrtägigen Aufenthalt, oder sogar einem Schwergewicht einer Alaska Reise, war es für mich sehr spannend auch diesbezüglich einen neuen Blickwinkel zu erhalten.

Nach dem heutigen Tag muss ich sagen – einfach nur Hammer! Klar, das Wetter ist immer ein Faktor und noch vor zwei Tagen habe ich auf der Fähre einen Sturm erlebt, wo alle Aktivitäten auf Kodiak abgesagt werden mussten. Bekanntlich scheint aber nach jedem Sturm die Sonne und so hätte das Wetter nicht besser sein können. Ein Vor- oder, eben je nach Betrachtungsweise auch ein Nachteil, ist der Umstand, dass der Pilot praktisch erst beim Start entscheidet wohin die Reise geht. Sicher aber ist das Ziel die Katmai Küste am gegenüberliegenden Festland. Diese kann selbstverständlich auch mit einem Flug ab Homer erreicht werden, wobei in diesem Fall praktisch immer die Hallo Bay angeflogen wird. In der Hallo Bay habe ich bereits viele gute Momente erlebt, umso erfreuter war ich das wir entweder in den Hidden Harbor oder in den Geographic Harbor fliegen. Bereits der Flug über die Insel Kodiak mit all seinen Flüssen, Buchten, Fjorden, Seen und Bergen war jeden Dollar wert. Dank dem schönen Wetter war zudem der Flug äusserst ruhig und als wir am Festland ankamen und der Pilot den Geographic Harbor ansteuerte war ich sprachlos. Völlig versteckt und hinter einer geschützten Inselwelt offenbarte sich mir wirklich eine Art Paradies. Kleine Flüsse aus den umliegenden Bergen, eine Graslandschaft und überall bereits sichtbar grosse Küstenbären von recht dunkler Farbe. Unser Guide, eine Frau mit über 30 Jahren Erfahrung, erklärte mir, dass die Bären in einem sehr begrenzten Gebiet leben und praktisch jede Bucht dadurch Bären mit einer anderen Farbe beheimatet. Mehrere Stunden hatten wir anschliessend in einer kleinen Gruppe Zeit, um mit unseren hohen Gummistiefel bis zur Hüfte kleine Flüsse zu durchqueren, uns immer wieder hinzusetzen, um damit den Bären zu signalisieren, dass wir nicht aggressiv sind und einfach nur stundenlang Bären sowie die einmalige Landschaft geniessen und  beobachten wollen. Ich denke, nach diesem Tag habe ich eine neue Erfahrung gemacht und kann nun mit gutem Gewissen sagen, dass auch Tagesausflüge ab Kodiak ein absolut tolles Erlebnis sind, dies insbesondere weil die Bärenbeobachtungen oft an Orten stattfinden, welche von Homer aus wegen der grösseren Distanz praktisch nicht angeflogen werden.

04. September: FLUG IN DIE WILDNIS ZUR ZACHAR BAY LODGE
Bereits wartet heute der nächste Höhepunkt auf mich. Sehr gespannt bin ich auf den Besuch der Zachar Bay Lodge, da dieser Ort für mich bis jetzt eigentlich nur als Fischer Lodge ein Begriff war und auch entsprechend vermarktet wurde. Bereits am frühen Morgen konnte ich im Wasserflugzeug Flughafen von Kodiak Stadt aus abheben und einmal mehr fühlte ich mich bei dem Piloten sehr gut aufgehoben. Auch der heutige Flug verlief äussert ruhig und so hatte ich auf dem Sitz rechts neben dem Piloten erneut die Gelegenheit, um diese einzigartige Landschaft zu bewundern. Während beim ersten Flug am Vortag natürlich das Fotografieren im Vordergrund stand, entschloss ich mich heute einfach zu geniessen, was ich eigentlich nur empfehlen kann. Ich nehme die Umgebung und Landschaft anders war, ohne den doch einschränkenden Blickwinkel durch die Linse.

Wie der Name schon sagt liegt die Zachar Bay Lodge in der Zachar Bay, nach einem etwa dreissigminütigem Flug wurden wir am Ufer durch die Lodgebesitzer herzlich begrüsst und in Empfang genommen. Sofort ist mir die Grösse des ganzen Geländes aufgefallen, dies natürlich wegen der alten, aber sehr imposanten Cannery – wie hier in Alaska Fischfabriken genannt werden. Mir war bereits bekannt dass diese Cannery seit mehr als dreissig Jahren nicht mehr in Betrieb ist und, wie viele alte Gebäude, vor sich hin rostet. Der Unterschied ist dass diese Fabrik durch eine lokale Familie in den achtziger Jahren gekauft und zu einer Lodge umgebaut wurde. Die verschiedenen Wohnhäuser und Cabins, welche ursprünglich als Unterkünfte für die Mannschaft dienten, sind heute für uns als Gäste zum Übernachten da. Diese wurden liebevoll renoviert, allerdings sehr einfach und ohne den Luxus einer «Fünfstern» Unterkunft. Sofort ist spürbar, wie hier vor mehr als fünfzig Jahren gelebt wurde und für alaskanische Verhältnisse sind bekanntlich Gebäude mit diesem Alter bereits historisch.

Ich glaube die Besitzer sind sich bis vor Kurzem gar nicht bewusst gewesen, dass diese Art von Geschichte auch Besucher interessieren könnte und diese darin viel mehr sehen als nur verrostete Gebäude. Aus diesem Grund hat nun die Besitzerin in den letzten Jahren viele Abklärungen gemacht und alte Leute befragt, welche noch hier gearbeitet haben. So ist z.B. ein kleines, privates Museum entstanden, welches die Geschichte seit 1929 aufarbeitet und mit Gegenständen dokumentiert.


Nach wie vor kommen Fischer in diese Lodge, um die verschiedenen Möglichkeiten und Fischarten auszuprobieren und auf Fang zu gehen. In den letzten Jahren sind aber auf Kodiak Island sehr viele neue Lodges entstanden, so dass die Konkurrenz sehr gross geworden ist. Nicht zuletzt auch aus diesem Grund versuchen die Lodgebesitzer nun, sich neu auszurichten und vermehrt Gäste anzusprechen, welche wegen der Natur, der Einsamkeit und der Möglichkeit zu Beobachtung von Tieren in der Wildnis in diese Gegend kommen. Was für Einheimische immer selbstverständlich war, ist für uns Schweizer und Europäer unter Umständen ein Lebenstraum. Einfach irgendwo in der Natur zu sein, ohne den ganzen Tag ein anderes Haus oder Boot zu sehen. Auf jeden Fall haben wir den ersten Tag benutzt, um mit einem Boot einen Ausflug durch die Fjorde zu machen und anschliessend vor dem Nachtessen noch die Gegend zu besuchen, wo der Zachar River in einem kleinen Delta ins Meer fliesst. Wir haben an diesem Tag Seeotter, Seehunde und Seelöwen beobachten können. Weiter sind uns mehrere Weisskopfseeadler begegnet, wir haben Wild gesehen (Elche gibt es auf Kodiak Island nicht) und haben am Ufer einen Bären beim Lachsfischen beobachten können. Was die Beobachtung von Bären auf Kodiak Island schwieriger macht, aber gleichzeitig eigentlich auch sehr positiv bewertet werden kann, ist der Umstand, dass die Tiere hier sehr scheu sind. Insbesondere auch bei Bären, liegt der Grund darin, dass die Tiere praktisch keine Menschen sehen und sich deshalb zurückziehen. Umso eindrücklicher und spezieller ist es, während längerer Zeit einem Bären am Ufer zusehen zu können. Mit einem äussert guten Nachtessen und guten Gesprächen mit anderen Gästen und den Lodgebesitzern ist dieser intensive und unvergessliche Tag zu Ende gegangen.


05. September: ZACHAR BAY LODGE UND KATMAI WILDERNESS LODGE
Einmal mehr scheint heute die Sonne, was natürlich gerade für Outdoor-Aktivitäten ein grosser Vorteil ist. Nach einem ausgiebigen Frühstück haben wir zuerst einen Spaziergang unternommen. Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass in dieser Umgebung direkt am Ufer keine Wanderungen möglich sind. Der Ausdruck Wanderung wäre hier sicher auch übertrieben, aber ich war sehr positiv überrascht dass es auf dem Landweg möglich ist, in die nächste Bucht zu gelangen und auf diese Weise die Möglichkeit zu haben, um sich einfach für sich ganz alleine zurückzuziehen oder ganz einfach auch einmal zu baden. Anschliessend hatte ich die Gelegenheit, mir vom Lodgebesitzer die ganze historische Canery zeigen zu lassen. Negativ ausgedrückt könnten diese Maschinen auch einfach als Rosthaufen bezeichnet werden, aber aus meiner Sicht besteht hier auf ganz privater Ebene die Möglichkeit, einen der letzten Zeitzeugen aus vergangenen Zeiten zu erleben wo anscheinend noch viel mehr Fisch in der Bucht vorhanden war als heute. Es ist fast nicht zu glauben wie es die Leute vor ca. 80 Jahren geschafft haben, so ein Monument aufzubauen.

Erfreulicherweise hat die Lodgebesitzerin sehr viele Informationen zusammengetragen und Recherchen gemacht, welche nun alle in einem kleinen Cabin, welches in ein Museum umfunktioniert worden ist, sichtbar geworden sind. Eine wirklich spannende Geschichte.

Da geplant war, dass ich gegen 15.00 Uhr mit dem Wasserflugzeug wieder abgeholt werde, blieb noch genügend Zeit für eine weitere Aktivität. Ich entschied mich für eine Kajak-Tour und so sind wir zu Dritt in den Fjord losgepaddelt. Spiegelglattes Wasser, immer wieder rechts und links Seeotter welche uns beobachten und einfach absolute Ruhe, wo gibt es dies noch? Nicht selten kommt es anscheinend sogar vor, dass Wale in die Bucht schwimmen und teilweise nur wenige Meter von den Kajaks auftauchen und vorbeischwimmen. Heute war dies nicht der Fall, dafür haben wir aber am Ufer zwei Weisskopfseeadler gesichtet welche sich durch unsere Anwesenheit überhaupt nicht stören liessen. Der Vorteil des Kajaks bei so ruhigem Wasser ist natürlich, dass wir uns ohne jeglichen Lärm dem Ufer nähern konnten und schlussendlich die beiden Weisskopfseeadler keine 10 Meter von uns in den Baumwipfeln in Ruhe beobachten konnten. Leider war es nun schon wieder an der Zeit um umzudrehen, ich wäre gerne noch bis an das Ende des Fjords gepaddelt und je nach Wasserstand vom Delta vielleicht sogar noch ein Stück in den Bergfluss weiter.


Pünktlich wurde ich abgeholt und wie vereinbart stand dem Wetter entsprechend noch ein Sightseeing Flug zur Katmai Küste auf dem Programm. Heute ging es aber nicht primär um die Bärenbeobachtung, sondern der Pilot flog uns über imposante Gletscherfelder, welche praktisch bis an die Küste stossen und enorm eindrücklich sind. Kurz darauf sind wir in der Katmai Wilderness Lodge gelandet, einer absoluten Top Lodge als Ausgangspunkt für Bärenbeobachtungen an der Katmai Küste. Die Ausflüge werden hier primär mit dem eigenen Boot gemacht, wobei anschliessend immer wieder Ausflüge zu Fuss an Land möglich sind. Leider bleibt mir auf dieser Reise nicht genügend Zeit, um hier einige Tage zu verbringen, aber ich werde dies auf jeden Fall später einmal nachholen.


Auch der abschliessende Flug zurück nach Kodiak City war einmal mehr ein Erlebnis, die Landschaft aus der Vogelperspektive ist atemberaubend und als Höhepunkt haben wir aus der Luft die grösste Renntierherde gesehen, welche auf Kodiak existiert. Elche gibt es ja auf dieser Insel nicht. Als ob ich nicht schon genug Bären gesehen hätte, standen plötzlich unweit des Stadtzentrums von Kodiak mehrere Fahrzeuge am Strassenrand und so kam ich noch einmal gratis in den Genuss einer Bärenbeobachtung, hatte sich doch ein relativ junger Bär die Lachfische vorgenommen. Anscheinend ist es nicht unüblich, dass im Herbst Bären in Kodiak in die Nähe der Stadt kommen, was natürlich grundsätzlich eher problematisch ist. Bei einem guten und gemütlichen Nachtessen liess ich diesen Tag ausklingen und mir die vielen Eindrücke noch einmal durch den Kopf gehen.




06. September: HOCHSEE-HALIBUT FISCHEN
Der Hafen von Kodiak City liegt sehr zentral direkt vor den Hotels und Häusern. Von da aus starten alle Ausflüge und natürlich auch die professionellen Fischer. Es handelt sich praktisch um einen ca. 50 Meter breiten Kanal, den jeder durchfahren muss um in das offene Meer zu gelangen. Heute habe ich mich entschlossen, einen Ausflug zum Halibut-Fischen zu buchen. Dabei ging es mir nebst dem Fischen insbesondere auch um die Beobachtung von Tieren, welche oft auf dem Meer auch beim Fischen angetroffen werden können.

Zusammen mit 5 anderen Gästen und dem Captain durchfuhren wir also die besagte Wasserstrasse, um in das offene Meer zu gelangen. Plötzlich rief der Captain « Orcas, Orcas» wobei ich dies natürlich für einen guten Einstiegswitz hielt. Aber tatsächlich, direkt unter unserem Boot schwammen 6 grosse Orcas vorbei, um anschliessend in einer Reihe ihren Weg durch den Kanal weiter fortzusetzen. Ehrlich gesagt war für mich der Tag eigentlich schon erfüllt, alles was nun kommen würde war noch Zugabe.

Während den nächsten Stunden sahen wir verschiedene andere Wale, allerdings aus einer gewissen Distanz da es ja heute eigentlich um das Fischen ging. Unser Captain kannte natürlich die guten Stellen. Es ist anscheinend üblich, dass auf so einem Auslug alles geteilt wird, d.h. egal wer die Fische fängt, am Schluss wird geteilt. Das Kontinent beträgt zwei Fische pro Person und Tag, und so kam ich auch in den Genuss von 15 Kilo Halibut Filets, obschon ich persönlich keinen einzigen Fisch gefangen habe. Den Fisch habe ich weiterverschenkt, da ich diesen ja auf meiner Weiterreise nicht hätte mitnehmen können. Persönlich war dieser Ausflug nicht ein Höhepunkt meiner Reise, obschon er sehr gut organisiert war und ich gestehen muss, dass die anderen Gäste mehr als zufrieden waren.

Bevor wir am späteren Nachmittag wieder an Land gingen, wurde der Fang direkt am Hafen abgegeben bei einer Firma, welche sich auf die Verarbeitung von Fisch spezialisiert hat. So erhielt jeder wie schon erwähnt den gleichen Anteil und konnte am nächsten Tag den Fisch frisch filetiert, vakuumiert und tiefgefroren abholen. Es ist bei Interesse sicher eine gute Möglichkeit, während einer Reise in Valdez, Seward, Homer oder eben Kodiak City mal so einen Ausflug mitzumachen.


07. September: RÜCKREISE NACH ANCHORAGE
Nach einer intensiven und spannenden Woche heisst es heute, sich von Kodiak zu verabschieden. Es war eine eindrückliche Zeit, ich hätte mir nicht träumen lassen eine solche Vielfalt an Möglichkeiten anzutreffen. Wer sich für einen Abstecher nach Kodiak entscheidet, sollte sich auf jeden Fall mehrere Tage Zeit nehmen, da die Anreise und Rückreise doch mit einem Flug verbunden ist.

Wie früher schon erwähnt hat Kodiak City eine sehr intensive Militärzeit erlebt und die Coast Guard hat auf Kodiak immer noch die grösste Basis der ganzen USA. Dies macht anscheinend auch die Mieten und Unterkünfte sehr teuer, ein Einheimischer meinte uns gegenüber, das Niveau der Mietzinse würde in etwas demjenigen von San Diego entsprechen.

Da das Militär-Museum in der Festung lediglich am Wochenende und für wenige Stunden geöffnet ist, wollte ich diesem noch einen Besuch abstatten. Das Museum ist in die Bunkeranlage integriert und thematisiert natürlich, nebst vielen anderen Themen, die Invasion der Japaner auf den Aleuten im zweiten Weltkrieg. Auch wenn ich normalerweise kein Fan von Museen und vom Militär bin muss ich hier gestehen, dass Informationen und Einblicke enorm spannend waren und auf sehr einfache Weise kommuniziert wurden. Wer also an einem Wochenende auf Kodiak ist, sollte sich hierfür wirklich eine Stunde Zeit nehmen und wer weiss, vielleicht können ja von dem Punkt direkt neben dem Museum sogar noch Wale auf dem Meer beobachtet werden.

Heute ist der erste Regentag auf Kodiak, was anscheinend das normale Wetter wäre. Da für mich ja nur noch der Rückflug nach Anchorage auf dem Programm stand machte ich mir diesbezüglich keine Sorgen. Als ich am kleinen Flughafen angekommen bin war in der Abfertigungshalle ein grosses Chaos. Unzählige Fischer und einheimische, meistens mit mindestens 2 grossen Gepäckstücken, versperrten den Weg. Wie sich herausstellen sollte, konnte die eine Airline fliegen, während der Flug der anderen Airline gestrichen wurde. Auf diese Weise wurde mir aus erster Hand vor Augen geführt, wieso für einen solchen Abstecher und generell für Flüge dieser Art in Alaska einfach genügend Zeit eingerechnet werden muss. Ich jedenfalls war in der glücklichen Lage, dass mein Flug pünktlich abhob und so erreichte ich eine gute Stunde später wieder Anchorage, welche mir am heuten Tag wie eine Weltstadt vorgekommen ist. Der Abstecher nach Kodiak hat sich definitiv gelohnt, sicher werde ich nun das eine oder andere Programm für einen längeren Aufenthalt zusammenstellen.

08. September: ZUGSFAHRT VON ANCHORAGE NACH FAIRBANKS
Seit fast 25 Jahren bin ich nun als Reiseveranstalter auf Alaska spezialisiert und habe es in all dieser Zeit nie geschafft, mit dem Zug von Anchorage nach Fairbanks oder umgekehrt zu fahren. Weil ich einerseits praktisch immer mit einem SUV oder einen Truck Camper unterwegs bin oder dann als Reiseleiter jeweils meine Gäste auf den Zug gebracht habe, um parallel mit dem Gruppenfahrzeug die Strecke zurückzulegen. Insofern erfülle ich mir heute einen langersehnten Wunsch, endlich einmal und ganz ohne Begleitung mit dem Zug die ca. 600 Kilometer lange Strecke in 12 Stunden zurückzulegen. Ich gönne mir die beste Klasse, die sogenannte Gold Star Class, welche in etwa mit dem Glacier Express in der Schweiz verglichen werden kann. Um 08.15 geht es los und praktisch jedes Hotel bietet einen Shuttle Service zum Bahnhof an. Bereits eine Stunde früher muss das Check In erfolgen, wie auf einer Kreuzfahrt oder bei einem Flug wird zuerst das grosse Gepäck abgegeben, welches die Reise separat zurücklegt und erst in Fairbanks wieder ausgehändigt wird. Zudem ist eine eigentliche Passkontrolle vorgesehen und der sogenannte Voucher muss am Schalter in ein Ticket umgetauscht werden. In der Gold Star Class sind alle Sitzplätze vorreserviert und befinden sich in einem sogenannten Domwagen im 2. Stock. Das Dach besteht aus einem Glasbogen, so dass auch vom Sitzplatz aus jederzeit eine tolle Sicht auf beide Seiten der Bahnstrecke möglich ist. Zusätzlich ist in jedem Wagen eine Aussenplattform vorhanden, welche frische Luft garantiert und sich ideal fürs Fotografieren eignet. Der Zug ist nicht immer gleich schnell unterwegs, es besteht aber sehr gut die Möglichkeit, um auf beiden Seiten zu fotografieren oder zu filmen. Ebenfalls inbegriffen sind 3 Mahlzeiten, welche im unteren Stock im dazu gehörenden Restaurant serviert werden sowie sämtliche Getränke inkl. 2 alkoholischer Getränke. Aus meiner Sicht kann ich schon nur deshalb die Buchung dieser Klasse empfehlen.


Die erste Strecke aus Anchorage hinaus in nördlicher Richtung ist spannender als ich erwartet habe. So fahren wir z.B. an einem Militärstützpunkt vorbei, welcher ansonsten mit dem Auto nicht erreichbar ist. Bereits vor Palmer am Ende des Cook Inlet gibt es auch landschaftlich bereits viel zu bestaunen, mein erster Eindruck ist auf jeden Fall sehr positiv. Kurz vor Talkeetna traue ich dann meinen Augen nicht: Links und rechts des Bahngeleises nur noch verbrannte Erde, verbrannte Bäume und leider auch abgebrannte Häuser und Autos. Vor weniger als 2 Wochen fiel bei einem Sturm ein Baum auf eine Strommastleitung und verursachte einen Waldbrand, welcher sich wegen dem starken Wind innert kürzester Zeit in Windeseile ausbreitete und direkt der Strasse und dem Bahngeleise entlang grosse Schäden verursachte. So brannten innert weniger Stunden 80 Häuser ab und alle Bewohner verloren so ihr Hab und Gut. Zum Glück kommt dies sehr selten vor, es hat mir aber einmal mehr die Augen geöffnet, dass speziell in Alaska die Natur noch immer das Sagen hat. Nach einem kurzen Stopover in Talkeetna mit spektakulärem Blick auf den Mt. Denali war Natur pur angesagt. Auf der anschliessenden Strecke verkehrt mehrmals wöchentlich der Hurricane Train, einer der weltweit letzten Züge welcher sogenannte Flagstops macht, also Halt auf Verlangen. Auf diese Weise haben die Menschen, welche irgendwo in der Wildnis in einem Cabin wohnen welches nicht mehr per Strasse erreichbar ist, die Möglichkeit mindestens schon einmal in das nächste Dorf zu gelangen um z.B. Einkäufe zu tätigen. Dieser Zug kann übrigens auch von Talkeetna aus von Touristen als Tagesausflug gebucht werden und ist meiner Meinung nach ein Geheimtipp!

Ich habe wirklich das grosse Glück, einen sonnigen und wunderbaren Herbsttag erwischt zu haben. Die Landschaft verändert sich stetig, der Zug steigt sanft in Richtung Denali Park an und entsprechend verändert sich auch die Landschaft. Zunehmend erscheinen links und rechts die ersten Berghänge, die Bäume werden kleiner und immer wie mehr verändert sich die Umgebung in eine Tundralandschaft, welche anfangs September im Indian Summer in voller Farbenpracht leuchtet.

Nun ziehen doch noch Wolken auf, welche in der Umgebung des Nationalparks die Sicht auf die umliegenden Berge etwas einschränken. Das Wetter ist aber immer noch sehr gut und kaum haben wir den Eingang zum Denali N.P. nach einem halbstündigen Stopp verlassen, scheint auch wieder die Sonne am blauen und wolkenlosen Himmel. Wir sind bereit in den Abendstunden und ich kann mir gar nicht vorstellen, bereits 10 Stunden mit diesem Zug unterwegs zu sein. Es ist mir noch keine Minute langweilig geworden, aber wahrscheinlich bin ich einfach sehr an Alaska und der Natur interessiert. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass die Hälfte der Fahrgäste meist mit ihrem Smartphone beschäftigt war oder die Strecke schlafenderweise zum grössten Teil verpasst hat.


Kurz nach Sonnenuntergang erreichen wir Fairbanks und ich bin mit dem Tag mehr als nur zufrieden. Oft passt halt einfach eine Zugsfahrt nicht in einen Reiseablaufplan. Sollte sich jedoch eine Zugsfahrt problemlos einplanen lassen, kann ich diese nur empfehlen. Als Alternative käme allenfalls auch eine kürzere Fahrt, z.B. nach Seward in Frage.

Während ich normalerweise mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs bin, ist mein Plan auf dieser Reise, Fairbanks und die Umgebung von einer neuen Seite kennenzulernen, respektive nach doch bereits einigen Jahren wieder einmal mehr Zeit mit organisierten Ausflügen zu verbringen. Grundsätzlich reicht es ja in Alaska, ein Motorhome oder einen Truck Camper zu mieten und ohne grosse Vorreservationen spontan zu reisen. Ich bin nun aber gespannt was mir Fairbanks zu bieten hat, mein Schwergewicht in den nächsten Tagen wird auf der Beobachtung von Nordlichtern liegen.

 

Text und Bilder von Hans-Peter Riesen